Wie kam es dazu? Ich war als Jugendlicher recht aktiv und sportlich unterwegs, konnte Essen was ich wollte, hatte nie ein Problem. Dann ging der Ernst des Lebens los. Ironischer-weise begann es mit der Bundeswehr, weil ich dort bereits weniger Sport gemacht habe als zuvor (statt dessen gab es in der Stammeinheit sogar noch zweites Frühstück). Hier kamen die ersten Kilo drauf. Danach folgte das Studium der Informatik (inklusive dauerhaftem Nebenjob, kein Bafög). Dann kam der Bürojob in der freien Wirtschaft, mit Überstunden ohne Ende. Im Rahmen dieser Entwicklung wurde der Sport immer weniger. Gegessen habe ich natürlich trotzdem was ich wollte, kannte ich ja nicht anders. Nur das es nicht mehr zu meinem Lebenswandel passte. Da ich im Laufe der Entwicklung eher zum Gelegenheits-Esser wurde war die Nährstoffaufnahme in der Regel wohl auch eher unausgeglichen.
Ich war mittlerweile bei 96 Kilo, und hatte die Nase voll. Aber so richtig. Versucht hatte ich auch schon einiges. An solche Dinge wie Trennkost oder „Diätprogramme“ die von Unternehmen vermarktet werden habe ich nicht geglaubt. Ich wollte es selber wissen. Also habe ich zwischenzeitlich Tagebuch geführt, alles protokolliert was ich esse, und die Veränderungen auf der Waage verfolgt. Damit bin ich auf 85 Kilo runter gekommen, ging aber zum Schluss auch jeden Abend hungrig ins Bett. Das war es mir nicht wert, der Versuch wurde abgebrochen und das Gewicht ging wieder rauf. Meine Analyse war natürlich auch oberflächlich. Nur die Lebensmittel, keine Brennwerte, und schon gar keine Makronährstoffe. Aber mehr Möglichkeiten hatte ich da noch nicht.
Der eigentliche Spaß begann dann Anfang 2014. Die 96 Kilo standen noch auf der Waage, ich hatte nach wie vor viel Stress inklusive Schlafstörungen, und es kam was kommen musste, mein Körper rächt sich. Mein Hausarzt zog mich dann erst mal für vier Wochen aus dem Verkehr und meinte jetzt ist Schluss mit lustig. Das war nicht die erste Ansprache die ich erhielt, aber dieses mal ging es mir so dreckig das ich mich die meiste Zeit kaum auf den Beinen halten konnte. Ich gestand ein das es so nicht weiter geht, kapitulierte vor meinem Hausarzt und erklärte mich bereit in Zukunft jede Krankschreibung zu akzeptieren. Ohne Diskussion. Er schickte mich nach den vier Wochen wieder arbeiten, mit der Auflage es ruhig angehen zu lassen. Das tat ich auch, die nächsten Wochen habe ich so viele Überstunden abgebaut das ich jeden Tag nur 6 Stunden gearbeitet habe. Was ein ziemlicher Unterschied zu vorher war.
Was macht man mit der gewonnenen Zeit? Wenn man neugierig ist, liest man sich ein. Ich las. Ernährung, Sport, Metabolismus, ich verschlang alles was ich finden konnte. Ich schaute mir den Fitness- und Kraftsport an (Kraftsport? Damit konnte man mich früher jagen, hielt ich nichts von, aber es war Zeit für was neues). Dabei begegnete ich weiteren Interessierten und einigen Erfahrenen. Plötzlich stellte sich heraus das ich Menschen kannte die Gesundheitsökonomen waren. Die erzählten mir dann von Makros und LowCarb, und so begann die nächste Lektüre.
Jemand sagte zu mir ich solle doch einfach mal an den Kühlschrank gehen und alles raus werfen was mehr als 5g Kohlenhydrate je 100g enthält. Das tat ich, in der ganzen Wohnung. Im Supermarkt wurde jedes Teil geprüft. Anfangs machte ich öfter große Augen (Zucker im Fisch? O-Saft gleich Cola?) und mein Umfeld lächelte. Dann fing ich an das wirklich ernst zu nehmen, und mein Umfeld war genervt und wechselte zwischen Spötteleien und genervter Ablehnung. Das legte sich aber schnell wieder als sich die ersten Ergebnisse einstellten. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch keine Energie-Bilanz verfolgt, und trotzdem die ersten 5 Kilo abgenommen, und das viel schneller als erwartet. Plötzlich war ich knapp über den 90 Kilo ohne groß was getan zu haben.
Spätestens hier passierten zwei Dinge. Erstens: ich hatte angebissen, und ich wollte mehr! Zweitens: Mein Umfeld bemerkte den Erfolg und wechselte von nun an zwischen Spötteleien und vorsichtigen Fragen wie ich das mache. Ich besorgte mir in der Zwischenzeit einen Schrittzähler für das Handgelenk und eine Kalorienzähler-App für mein Handy, ich wollte jetzt genauer wissen was ich esse und was ich verbrenne.
Mit der App hielt ich meine Energie-Bilanz im negativen, zumindest ein bisschen, jeden Tag. Ich entdeckte Lebensmittel die viel mehr Energie enthielten als ich dachte, und ich fand heraus wobei ich viel Energie verbrenne. Ich hatte Überblick über meine Makro-Nährstoffe und konnte einen gewissen Ausgleich herbei führen. Mein Plan war etwa ein Kilo pro Monat zu verlieren. Das passte nicht immer, und es gab auch hier und da Rückschläge. Besonders das tägliche Wiegen kann auch mal scheinbar unlogische Schwankungen enthalten. Trotzdem ging das Gewicht im Schnitt kontinuierlich runter.
Ich gewöhnte mich daran meine Nahrung in der App zu erfassen. Ich begann sogar mein Essen im voraus zu planen. Wenn ich wusste das eine Sünde bevorstand plante ich den Rest des Tages entsprechend ein, um nicht völlig über das Ziel zu schießen. Mein Bewusstsein für die Nahrung verbesserte sich immer weiter und ich stellte fest das ich auch ohne App schon ganz gut abschätzen konnte was ging und was nicht ging.
Das erste Ziel von 85 Kilo war relativ schnell und mühelos erreicht. Also wurde das nächste Ziel gesetzt, 80 Kilo. Auch dieses Ziel erreichte ich. Zu diesem Zeitpunkt kamen aus meinem Umfeld die ersten Fragen wann ich denn aufhören wollte. Ich setzte mir ein letztes Ziel, 78 Kilo bei einer Größe von 1,78m. Im September 2015 war es dann so weit, Ziel erreicht, 78 Kilo. 18 Monate waren vergangen, ich hatte mich deutlich verändert und musste zwei mal meine Kleidung komplett durch-tauschen. Mein Umfeld wurde nervös und vermerkte stoisch das ich aufhören und es nicht übertreiben sollte. Übererdungsversuche gab es vorher schon, davon ließ ich mich nicht beirren. Mittlerweile machte man sich aber offenbar sichtlich Sorgen. Meine Erklärungen das ein eventuelles Untergewicht erst in ganz anderen Bereichen beginnt zeigten auch keine Wirkung mehr. Aber ich hatte ja auch schon meine dritte Ziellinie erreicht, also warum nicht. Ich hörte somit bei 78 Kilo auf.
Ich habe in 18 Monaten 18 Kilo verloren. Von 96 Kilo runter auf 78 Kilo. Mein KFA liegt nach vorsichtiger Schätzung bei etwa 18, mein BMI bei 24,6. Ich halte mein Gewicht ohne weiter zu protokollieren, was ein deutliches Zeichen für veränderte Gewohnheiten ist. Ich bin überaus zufrieden, sportlich wieder fit und steigere meine Leistungen immer weiter. Was will man mehr? Und das beste: ich esse wieder was ich will, und habe keinen Hunger. Wie das geht? Nun ja, das was ich essen will deckt sich jetzt viel besser mit dem was ich an essen brauche.
So geht ein Autodidakt ans abnehmen. Er arbeitet sich bis über beide Arme in die Materie ein und lernt was es braucht und wie es geht. Diese kleine Geschichte zeigt das es geht, und wenn ich das kann, können andere es auch. Es ist nicht jedermanns Sache sich in eine Materie einzuarbeiten, aber für jedermann haben wir nun dieses Buch. Ich habe es geschafft, Ihr schafft es auch!
Fangt an! Räumt den Kühlschrank aus!
Wenn Ihr damit fertig seit, lest weiter:
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